Wie alt ist das Objekt und aus welchem Material ist es gemacht?
Die sogenannte Göttervase ist ein 27 Zentimeter hohes bauchiges Gefäß aus gelblicher Keramik. Es ist in der römischen Kaiserzeit aufwändig in einem Töpferbetrieb hergestellt worden und kann in das 2. nachchristliche Jahrhundert datiert werden, ist also rund 1800 Jahre alt.
Was sehen wir hier?
Das Gefäß ist außen rundherum mit den Köpfen von sechs Göttern verziert – daher der Name. Die Reliefköpfe sind aus Modeln plastisch ausgeformt, Details sind zusätzlich gestempelt und geritzt. Die vier männlichen und zwei weiblichen Götterköpfe sind durch glatte Säulen voneinander getrennt und mit einer Ausnahme von Bögen überwölbt. Zwei Köpfe sind sehr beschädigt; unter den vier besser erhaltenen Köpfen ist besonders bemerkenswert der Kopf eines Gottes mit drei Gesichtern – ein Gesicht frontal, links und rechts je ein Gesicht im Profil. Dieser dreiköpfige Gott gehört zu den keltischen Göttern. Seinen Namen kennen wir nicht, ebenso nicht die Namen der übrigen dargestellten Götter und Göttinnen. Ihnen fehlen die Attribute, mit deren Hilfe Götterbilder identifiziert werden können.
Was macht dieses Stück so interessant?
Keltische Götter auf einem römischen Tongefäß sind schon einmal ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist jedoch der Fundort der Göttervase. Sie stammt aus einem sehr reich ausgestatteten germanischen Grab, das 1909 in der Kölner Umgebung am Troisdorfer Fliegenberg ausgegraben wurde, also im freien Germanien. Römer, Kelten und Germanen: diese rätselvolle kulturelle Vermischung in einem einzigen Objekt ist nach mehr als hundert Jahren immer noch nicht vollständig entschlüsselt.
Noch einen weiteren spannenden Aspekt hat die Göttervase: Schaut man genau hin, so entdeckt man über den Götterköpfen eine Reihe von tief eingestempelten konzentrischen Kreisen, die wie Metall-Nieten aussehen. Tatsächlich imitiert das Gefäß in Form und Dekoration Metallgefäße aus Bronze oder Silber. Am meisten gleichen die Darstellungen auf der Göttervase den Reliefs auf dem berühmten Silberkessel, der in einem Moor bei Gundestrup in Dänemark gefunden wurde. Das für die keltische Kunst ikonische Stück, das im Nationalmuseum in Kopenhagen aufbewahrt wird, zeichnet sich durch ähnliche Darstellungen von keltischen Göttern aus (https://de.wikipedia.org/wiki/Kessel_von_Gundestrup).
Gibt es viele Göttervasen wie das Kölner Gefäß?
Nicht sehr viele. Meist kennen wir nur wenige Scherben oder einzelne Modelformen für die Götterreliefs. Auffällig ist, dass sich diese Fragmente alle in Orten entlang der römischen Fernstraße finden, die von Köln aus an die Atlantikküste führte, die sogenannte Via Belgica.
Als man die Kölner Göttervase fand, war auch sie zerbrochen. Nach der Restaurierung ist sie jetzt eines der am besten erhaltenen Exemplare neben der Göttervase aus dem französischen Bavay, die im Pariser Louvre aufbewahrt wird. Und sie steht jetzt im Belgischen Haus – nur wenige Meter von der Via Belgica entfernt, die im Bereich der heutigen Kölner Apostelkirche ihren Ausgang nahm.
Das Römisch-Germanische Museum am Roncalliplatz wird saniert. Die Göttervase gehört zu den rund 1000 Objekten, die in die neue Ausstellung des Museums im Belgischen Haus umgezogen sind. Warum gerade dieses Stück?
Sie hat hier eine besondere Funktion. Sie ist das Bindeglied zwischen den Ausstellungstücken zum vorgeschichtlichen und zum römischen Köln. Als die Römer das Rheinland eroberten, trafen sie hier eine keltisch-germanische Mischbevölkerung an. Bei vielen Dingen, die die Archäologen in Köln und im Rheinland ausgraben, ist diese kulturelle Verschmelzung fassbar. Zum Beispiel bei den Inschriften auf den Weihaltären für die einheimischen Schutzgöttinnen, die Matronen, oder in zahlreichen Orts- und Personennamen. In keinem anderen Objekt wird aber diese Integration von drei Kulturkreisen so deutlich wie bei der Göttervase.
Die Fragen stellte Kathrin Jaschke vom Museumsdienst Köln.






Göttervase mit verschiedenen keltischen Gottheiten, deren Identität unklar ist, Ende 2./ Anfang 3. Jahrhundert n. Chr., Fundort: Troisdorf, Fliegenberg